Am dritten Tag nach Festival-Ende, am 14.08.57, stieg ich nachmittags im Belorusskij-Woksal (Weißrussischer Bahnhof) in unseren Zug Richtung Westen.
Es gab ein paar (halbwegs international) Ausgewählte, die ab dem nächsten Morgen einen ganzen Tag Zwischen-Aufenthalt in Minsk hatten. Zu jenen gehörte auch ich.
Morgendliche Ankunft in Minsk - der Hauptstadt Weißrusslands
Unser Tagesablauf war der Folgende:
1. Vom Bahnhof aus eine Wanderung durch die neu aufgebaute Stadt (Minsk wurde im Krieg fast vollständig zerstört)
2. Essen im Gewerkschaftshaus
3. Fahrt in ein Pionierlager (d.h. der Kinder-Organisation) außerhalb der Stadt
4. Imbiss im Gewerkschaftshaus und anschließende Wanderung durch die Stadt, Begrüßung der Bevölkerung
5. Besuch eines Theaters mit diversen Darbietungen
6. Weiterfahrt mit dem Zug gegen Abend
Am Minsker “Bahnhofsplatz”
Das ist offenbar eine Hauptstraße...
Und wenn mich nicht alles täuscht, ist es der “Stalin-Prospekt”:
Stalin schien damals 1957 in Minsk noch nicht vergessen zu sein:
Der Säulenbau ist der Palac Kultury (Kulturzentrum) am Oktoberplatz
Hier sind wir jetzt am “Siegesplatz”
Walking in the park
In dem Gewerkschaftshaus, wo wir zu Mittag aßen, war auch Stalin wieder mit von der Partie, und zwar diesmal auf einem eindrucksvollen Gemälde: Stalin als Herr der Mähdrescher:
So sieht das fast gleiche Gemälde in farbig aus:
(Aus einer Sammlung sowjetischer Plakate)
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Besuch im Pionierlager
Das Pionierlager war außerhalb der Stadt in einer ländlichen Region, wie man an der rustikalen Datscha in der Nähe erkennt:
Auch das Pionierlager selber war sehr schön im rustikalen Datscha-Stil errichtet.
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Vor dem Gewerkschaftshaus werden wir am Nachmittag, nach unserem Imbiss, erwartet. Es sind die Werktätigen, die jetzt Feierabend haben.
Wir laufen also durch eine langes Spalier von Leuten in Richtung unserer Theatervorstellung. Das Ganze hatte was Peinliches an sich, da es keinerlei Kommunikation zwischen den Festivalteilnehmern und der Minsker Bevölkerung gab. Da ich das bislang überhaupt nicht gewohnt war, durchbrach ich spontan den Bann, indem ich laut den Festivalspruch “Ca Mir y Drushba” ausrief, worauf die Bevölkerung wie das Rote Meer, freudig und enthusiastisch, über uns zusammenschlug.
Unsere Theatervorstellung fand im Kulturzentrum statt. Es waren ganz verschiedene Vorführungen. Nur an eine kann ich mich sehr gut erinnern: es war Pantomime, die ich zum ersten Mal in meinem Leben sehen konnte. Es war einfach der helle Wahn, wie der Künstler das vorführte. (Ich glaube, er hatte einen Angler dargestellt).
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Am Bahnhof gab es zum Abschied noch irgendwelche Ansprachen
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Damit waren die 6. Weltfestspiele für mich beendet!
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Überraschenderweise bekam ich von “Valentine” aus Minsk einen Brief, den sie am 26. August 1957 an mich geschrieben hat. Ich glaube, es war eine Art Liebesbrief. Die sehr schlechte Übersetzung, die ich über 1 Jahr später endlich erhielt, deutet zumindest darauf hin. So spät konnte ich ihr natürlich nicht mehr anworten. (Dass der Brief so verroppt ist, ist nicht meine Schuld!)
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