Den entscheidenden Grund, warum wir uns Uzès als Reiseziel auswählten, hatte ich Eingangs ja schon erwähnt: Es war unsere frühere Freundschaft (bis 1982) mit Peter Kurzeck. Und da der ja mit Sicherheit einen guten Geschmack hatte, was eine Stadt in der ‘Provence’ anbelangt, so wollten wir jetzt, nachdem Peter Kurzeck 2013 gestorben war, diese für uns unbekannte Gegend erkunden.
Aber wo der nun genau gewohnt hat, war erst einmal unklar. Er konnte von seinem Fenster aus auf Platanen kucken, mehr wussten wir auch nicht. Ich hatte ein paar höchst spekulative Vermutungen bzgl. Herbes-Platz, was Barbara aber anzweifelte. Das wollte sie deshalb genauer erkunden. Was schließlich dann endlich weiter führte, war ihr Besuch beim freundlichen Tourist Office. Diese kannten tatsächlich die Adresse - wir waren nicht die ersten, die danach fragten.
Barbara hatte dann einen schönen Stadtplan von dem Office de Tourisme, worin die Adresse von Kurzeck angekreuzt war zusammen mit einem Hinweis auf “Sabotièr” - gemeint ist Place de Sabotier - die offizielle Adresse. Hier der entscheidende Ausschnitt aus dem Stadtplan:
Man sieht in der Nähe den Place aux Herbes, den Boulevard des Alliés und den Parkplatz an der Avenue de la Libération, auch kurz ‘Esplanade’ genannt.
Nun muss man wissen, dass die Wohnung von Kurzeck offenbar zwei Zugänge hatte, einen offiziellen vom Place de Sabotier aus (sozusagen von hinten) und einen inoffiziellen (sozusagen von vorne) vom Boulevard des Alliés aus, und zwar durch ein Immobilienbüro. In "Mein wildes Herz" heißt es, dass die Wohnung schwer zu finden ist und Kurzeck fürchtet, der Arzt finde ihn nie, deshalb empfiehlt Kurzeck diesem telefonisch, den Eingang durch das Immobilienbüro zu nehmen, dann käme der Arzt in einen Innenhof und von da aus gäbe es eine Treppe hoch zur Wohnung von Kurzeck.
Hier ist das Immobilienbüro mit den angrenzenden Häusern:
Dies also ist der Blick auf die Platanen, den Kurzeck von seiner Wohnung aus hatte. Vermutlich lag seine Wohnung in einem der oberen Stockwerke rechts neben dem Immobilienhaus (wo die Leute hocken). Norbert Schmidt schreibt in der Gießener Allgemeinen:
<Kurzeck hatte 1996 zwischen der Place des Herbes und der Esplanade ein Zwei-Zimmer-Appartement bezogen; im Obergeschoss eines Patrizierhauses aus dem 18. Jahrhundert.> (Gießener Allgemeine vom 17.11.2016, Seite 35)
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Hier nun der vom Tourist-Office angegebene Place du Sabotier mit Hauseingangsnummer 2 - der offiziellen Adresse von Kurzeck (gemäß Office de Tourisme):
Dieser Place ist eher ein kleines Plätzchen von der Rue St. Etienne aus:
(Das Bild stammt von Google-Maps. Siehe dazu Googles Nutzungsbedingungen)
Legende: X ist der Place du Sabotier. I ist das Immobilienbüro, H ist das Haus, in dem Kurzeck (sehr wahrscheinlich) wohnte.
Es ist in der Tat offenbar nicht sehr einfach von X nach H zu gelangen. Und es ist ersichtlich einfacher über den gemeinsamen Hinterhof von I nach H zu gelangen.
Blick vom Place du Sabotier auf die Rue St. Etienne:
Ein letzter Blick auf den Place de Sabotier (Platz des Saboteurs, oder Platz, den man sabotieren sollte?) - Links rein im Hof geht’s zum Hauseingang No.2
Und das ist der Blick vom Saboteurs-Platz zum Herbes-Platz, wenn man aus dem Hauseingang No.2 herauskommt (nicht übel, gell?)
Soweit also die Recherche bzgl. der Kurzeck-Wohnung, die von Barbara auf den Weg gebracht wurde. Alle Fotos diesbezüglich sind von ihr gemacht.
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Ich möchte nun noch einige Ergänzungen anbringen bzgl. Kurzeck & Provence.
Zunächst das Bild, das auch bei der Kathedrale auftaucht, mit dem André Gide-Weg.
Hier unten links sieht man den Chemin André Gide, von dem es in einem Artikel von Norbert Schmidt in der Gießener Allgemeinen heißt (17.11.2016, S.35, mit der Überschrift “Nochmal mit Kurzeck hinunter nach Uzès”):
<Seine Ruhe fand er jedoch auch: Bald täglich (...) spazierte er raus aus den Mauern, nahm den nach André Gide benannten Weg ins Tal der Alzon, weiter zur L’Eure-Quelle, deren Wasser dereinst die Römer bis Nîmes leiteten. Raus in die Garrigue, eine meist stille, menschenleere, im Sommer heiße, vom Gesang der Zikaden erfüllte und immergrüne Landschaft.>
In dem gleichen Artikel von Norbert Schmidt schreibt dieser schon ziemlich am Anfang:
<Gleichwohl hatte der Chronist seiner Zeit auch einen Sehnsuchtsort jenseits seiner Heimat und seines ebenfalls mehrjährigen Lebensmittelpunkts Frankfurt: Immer wieder zog es ihn von der ausgehenden Jugend an nach Südfrankreich.>
Norbert Schmidt - anlässlich der Kurzeck-Gedenkfeier in Staufenberg (bei Gießen) am 20.07.2014
(Siehe auch hier)
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Peter (geb. 1943) hatte sich in seiner Jugend immer mehr zu einem begnadeten Maler entwickelt, bevor er sich entschied, quasi ‘hauptberuflich’ Schriftsteller zu werden (1965). Ich besitze ziemlich viele Aquarelle von ihm aus dieser Zeit und ein größeres Ölgemälde. Ein großer Teil von diesen Bildern wurde Anfang 2016 auf Initiative des Kunsthistorikers Professor Marcel Baumgartner in Gießen ausgestellt. Zusammen mit den Kurzeck-Bildern, die im Besitz von Christian Ostheimer sind, fanden sie reges Interesse. Aus meiner Sammlung möchte ich zwei Bilder hier zeigen, die meiner Ansicht nach von Frankreich bzw. Südfrankreich handeln könnten.
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